Aufmüpfige Frauen: Brief an Dortmunder Oberbürgermeister

Die diesjährigen Preisträgerinnen der „Aufmüpfigen Frauen, Sylvia Groth, Dr. Helga Seyler und Kristina Hänel haben sich in einem Brief an den Dortmunder Oberbürgermeister gewendet.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Westphal,

Als diesjährige Preisträgerinnen der Stiftung „Aufmüpfige Frauen“ wurden wir in Ihrer Anwesenheit von wenigen Wochen in Dortmund für unser Engagement in der Leitlinie für die Verbesserung der Versorgungslage beim Schwangerschaftsabbruch geehrt. Zur gleichen Zeit nahm die Ärztin Gabie Raven ihre Tätigkeit in ihrer neu eröffneten Praxis in Dortmund auf, mit dem Ziel, die Versorgung von Frauen mit Schwangerschaftsabbrüchen in Dortmund zu verbessern. Gabie Raven führt dort Schwangerschaftsabbrüche nach der aktuell geltenden gesetzlichen Regelung durch.

Wir, als diesjährige Preisträgerinnen der Stiftung „Aufmüpfige Frauen“, bitten Sie eindringlich, Ihnen das auf kommunaler Ebene Mögliche zu tun, um zu ermöglichen, dass die Praxis von Gabie Raven geöffnet bleiben kann.

Denn diese medizinische Praxis ist nun zum Ziel von Abtreibungsgegnern geworden. Für den morgigen Samstag, 26.11.2022, gibt es einen Videoaufruf der selbst ernannten Abtreibungsgegner, Klaus Günther Annen und Karl Noswitz, zu einer „Gebetsmahnwache“ vor der Klinik von Gabie Raven.

Dem Aufruf ging schon seit längerem eine intensive Kampagne der genannten Personen auf deren Webseiten voran, https://www.menschenrechte.online und http://www.kindermord.org. Ebenso wurde an einzelne Personen, die für den Vermieter der Praxisräume arbeiten, Flyer mit widerlichem Bildmaterial verschickt.

Der Aufruf, „Christen im Ruhrgebiet stehen auf gegen Dortmunder „Spezialklinik des Todes“, und die damit einhergehende Demonstration haben das Ziel, die gerade erst eröffnete Klinik zur Aufgabe zu zwingen, die dort arbeitenden Personen einzuschüchtern und den Vermieter zur Kündigung der Mietverträge zu bewegen.

Die „Gebetsmahnwache“ nutzt die in Deutschland weiterhin fehlende rechtliche Regelung, Kliniken und Beratungsstellen vor Gehsteigbelästigungen zu schützen. Dabei kommen zunehmend Strategien zum Einsatz, die aus den Aktivitäten der Kräfte in den USA bekannt sind: Sie versuchen, die freie Entscheidung von Frauen, die Selbstbestimmung und ihre Menschenrechte einzuschränken.

Wir erleben in Deutschland, dass Anti-Choice-Kräfte zunehmend, gestärkt durch Entwicklungen in den USA, in Polen, in Italien und vielen anderen Ländern, den Druck auf Praxen, Beratungsstellen und ihre Patient*innen und Klient*innen erhöhen und sie einzuschüchtern.

Klient*innen und Patient*innen brauchen einen umfassenden Schutz vor Stigmatisierung und derartigen Belästigungen. Auch Mitarbeitende von Beratungseinrichtungen, die Schwangerschaftskonfliktberatungen anbieten und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, dürfen bei Anfeindungen nicht allein gelassen werden.

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbarten die Regierungsfraktionen:
„Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Wir stellen Versorgungssicherheit her. Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern setzen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen. Wir stellen die flächendeckende Versorgung mit Beratungseinrichtungen sicher … .“

Wir, als diesjährige Preisträgerinnen der Stiftung „Aufmüpfige Frauen“, bitten Sie eindringlich, Ihnen das auf kommunaler Ebene Mögliche zu tun, um die Arbeitsmöglichkeit von Gabie Raven, im Interesse der Frauen, zu schützen. Ärztinnen und Ärzte erfüllen mit ihrer Tätigkeit einen für die Gesellschaft notwendigen Versorgungsauftrag. Ihre Arbeit und die Arbeit ihrer Mitarbeiter*innen müssen geschützt und gesichert werden. Nur auf diese Weise kann die dringend benötigte Versorgung der ungewollt Schwangeren gewährleistet werden.

Gerne erwarten wir Ihre Antwort

Mit freundlichen Grüßen
Helga Seyler, Sylvia Groth, Kristina Hänel

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