
29.11.2022
Pressemitteilung
Am 2. November 2022 wurde in Dortmund die Gynaikon Tagesklinik eröffnet. Diese Klinik führt Schwangerschaftsabbrüche durch. Der Arbeitskreis Frauengesundheit begrüßt es sehr, dass dadurch die Versorgungslage für einen legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch in Dortmund und in Nordrhein-Westfalen verbessert wird. Die Klinik, ihre Mitarbeiterinnen und Frauen, die sie aufsuchen, wurden seitdem wiederholt von organisierten Gegnern der Abtreibung belästigt und durch Veröffentlichungen herabgewürdigt. Diese Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen versuchen durch öffentliche Gebete und Belästigung, die Selbstbestimmung von Frauen und ihre Menschenrechte einzuschränken. Ihnen ist dies möglich, weil es bisher keine Schutzzonen gibt, die vor Gehsteigbelästigung schützen.
Prof. Dr. med. Ingrid Mühlhauser, Vorsitzende des Arbeitskreises Frauengesundheit e.V.
(AKF), weist darauf hin:
„Frauen und Mitarbeiterinnen von Kliniken sind bisher ungeschützt vor Belästigungen. Wir
unterstützen Frauen darin, ihre gesundheitlichen Rechte zu erlangen. Die Bundesregierung
ist säumig, den Koalitionsvertrag, wie auch die internationalen Verträge, umzusetzen. Der
Arbeitskreis Frauengesundheit fordert die Bundesregierung auf, den
Schwangerschaftsabbruch zu entkriminalisieren und die Bundesländer an ihre gesetzliche
Pflicht, die gesundheitliche Versorgung sicher zu stellen, zu erinnern.“
Im Koalitionsvertrag hatten die Regierungsfraktionen zur reproduktiven Selbstbestimmung
vor genau einem Jahr vereinbart:
„Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Wir stellen Versorgungssicherheit her. Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern setzen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen. Wir stellen die flächendeckende Versorgung mit
Beratungseinrichtungen sicher“ (Hervorhebung: AKF).Die Entscheidung einer Frau, ob sie eine Schwangerschaft austragen möchte, gehört zu ihren Menschenrechten. Um diese Rechte zu verwirklichen, brauchen Frauen u.a. zugängliche und sichere Einrichtungen, respektvolle Ärzt*innen und die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.
Für Mittwoch, 30.11.2022, ist eine Gegendemonstration geplant, mit der sich ein breites
Bündnis, auch der Arbeitskreis Frauengesundheit e.V., für die Rechte von Frauen einsetzt
und hinter die Betreiberin der Klinik stellt. Seit der Abschaffung des § 219a im Juni dieses Jahres stagniert das Thema der reproduktiven Rechte in der Bundesregierung. Bis jetzt hat die Koalition zu diesem Thema noch nicht die vereinbarte Kommission eingesetzt. Frankreich hat bereits ein Gesetz, das
Gehsteigbelästigung verbietet, in Großbritannien ist ein Gesetz auf den Weg gebracht.
Die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), ein
völkerrechtlich für Deutschland bindender Vertrag, erfordert, dass die sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen umgesetzt werden.